Wednesday, November 06, 2013

2023

Nachdem ich über einen meiner vergangenen Blog-Einträge sehr viel Kritik erntete, möchte ich noch was nachschieben. Nein, ich werde mich nicht verteidigen (ich stehe nach wie vor zu dem, was ich schrieb, auch wenn ich dadurch Freunde verlieren sollte, was sehr traurig ist...), ich werde den Gedanken einfach weiterspinnen. Mir kam nämlich heute ein Szenario in den Sinn... Was wenn alle Eltern in Zukunft zu 100% arbeiten werden? Weil die Wirtschaft alle Arbeitskräfte braucht. Wie würde das aussehen, sagen wir, 2023? Eins vorweg: Nehmt das nicht zu ernst!
  • Nach einer kurzen Karenz-Zeit werden Väter wie Mütter wieder am Arbeitsplatz erwartet - und zwar Vollzeit. Jeder ohne Ausnahme. Dafür wurde die Vollzeit begrenzt. Reguläre Arbeitszeit ist von 8.30/9 Uhr bis 17/17.30 Uhr. So bleibt genug Zeit für's Familienfrühstück und -Abendessen und ein stressfreies Zur-Kita-Fahren.
  • KiTas schossen in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden. Die Kinderbetreuung wurde enorm aufgewertet. Eine Kleinkindbetreuerin wird heute gleich gut entlöhnt wie ein Primarschullehrer, der Betreuungsschlüssel ist besser denn je, die Qualität der Kitas bahnbrechend. Es sind Schmelztigel der Lehren Montessoris, Pestalozzis und wie sie alle heissen mögen. Das "Attachement Parenting" geht nahtlos hinüber in ein "Attachement Caring".
  • Grosseltern, die an mindestens 2 Tagen in der Woche regelmässig ihre Enkelkinder betreuuen (und somit die Kita entlasten), bekommen einen Rentenbonus als Gegenleistung. 
  • Bestverdiener leisten sich nach wie vor eine Nanny...
  • Tagesstrukturen, Tagesschulen und Hausaufgabenbetreuung sind mittlerweile an jeder Schule Standard und müssen nicht bezahlt werden.
  • Familien erhalten Haushaltshilfe-Bons, die sie für Hausarbeiten wie Putzen, Wäsche & Bügeln, Gartenarbeit etc. einsetzen können. Jede Woche.
  • Die Supermärkte werden langsam von Heimlieferdiensten oder Drive-in-Märkten abgelöst, in denen man die am Vorabend bestellte Ware abholt. Die Öffnungszeiten der bestehenden Supermärkte haben sich nach hinten verlagert (20, 21 Uhr).
  • Convenience wird immer gesünder und ausgeklügelter und sog. Food-Deliveries, die ein gesundes, warmes Familienabendessen liefern, sind weit verbreitet. Kein Elternpaar mehr kocht unter der Woche noch selber.
  • Work-Life-Balance ist das Schlagwort der Stunde. 24h- sowie Weekend-Kitas gibt es in jedem grösseren Ort. Dort werden nicht nur regelmässig die Kinder von Schichtarbeitern (Ärzte, Polizisten, Produktionsmitarbeiter) betreut sondern auch Kinder, deren Eltern sich gerade die monatlich (ein Abend bis zum nächsten Mittag) oder halbjährlich (ein Wochenende) vorgeschriebene Paarzeit gönnen.
  • Und selbstverständlich gibt es auch Kitas, die Ferienkinder aufnehmen (deren Eltern sich also gerade auf den Malediven sonnen oder den Kilimanjaro besteigen.
  • Körperliche Ertüchtigung gehört mittlerweile zur Pflichtübung für jeden Bürger. Damit sie nicht in die wertvolle Familienzeit fällt, muss sie während der Arbeitszeit geleistet werden. 2x in der Woche muss dafür jedes Unternehmen 1,5h freistellen. Viele bieten deshalb im Unternehmen einen Fitnessraum und Duschen an. Dies gilt natürlich nur für Eltern. Kinderlose haben nach Feierabend ihr Programm zu absolvieren, der Staat vergütet ihnen dafür einen kleinen Fitnessbonus (für den Kauf von Abos oder Geräten).
  • Kindergeld: Wird lohnabhängig ausgeschüttet. Je mehr man verdient, desto weniger Kindergeld gibt es. Je weniger man verdient, desto mehr Kindergeld gibt es. Ab dem 3. Kind gibt es einen monatlichen "Mehrkind- (auch "Grossfamilien-)bonus" genannt. Das ist unabhängig vom Lohn aber immer die gleiche Summe, die mit jedem weiteren Kind höher wird.
  • Eltern mit 3+ Kindern erhalten zudem Lebensmittel- und Bekleidungsbons sowie Mietzins-, Benzin- und viele andere Vergünstigungen.
  • Der Slogan dieser Zeit könnte heissen: Leiste Deine Arbeit und kehr nach Hause um Deine Familie zu (er)leben. Die Ziele:
    • Leistungsfähige Arbeitnehmer
    • Glückliche, zufriedene Eltern
    • Mehr Zeit & Musse für das Wesentliche
    • Das Leben als Grossfamilie muss wieder attraktiv werden.
    • Kinder sind unsere Zukunft! Jeder Franken, der in eine qualitativ hochstehende Kinderbetreuung gesteckt wird, bringt der Wirtschaft 8 Franken
  • Eminem wurde gerade zum Präsident der Vereinigten Staaten gewählt, Snoop Dog (der heisst jetzt aber anders, nur wie??) zum Aussenminister. Das war ein Witz, sorry! :D
Ich gebe zu, das ist etwas düster gezeichnet und wird so sicher nicht (so schnell) eintreten. Aber ich hatte einfach plötzlich dieses Szenario vor Augen. Was ist, wenn die Eltern Kinder bekommen aber keiner bleibt zuhause?
Mir schwadern da so verschieden Assoziationen im Hirn rum: Kita=Kinderaufbewahrungsstätte? (Klingt recht trostlos...) oder vlt sogar: Die ersten Lebensjahre eines Kindes sind für Eltern besonders streng. Sourct man sie out während man gleichzeitig dafür sorgt, dass die Eltern Zeit für sich haben, wird die Anzahl der Scheidungen drastisch reduziert. Zugleich wächst in den Kitas eine Generation von Kindern heran, die in Zukunft wertvolle Arbeitskräfte darstellen. Kita-Kinder sind intelligenter, sozialer und belastbarer. Etc. etc. Das, was völlig gestresste Eltern im Alleingang zuhause kaum geschafft haben, läuft in den Kitas ganz automatisch... Die Kinder werden optimal gefördert und gefordert. Keiner motzt sie an weil die Spülmaschine kaputt, die Fenster nicht geputzt und das Abendessen nicht rechtzeitig gekocht wird. Keiner schaltet die Glotze an um mal etwas Ruhe zu haben. Altergerechtes Spielzeug, kreative Bastelstunden, Eingehen auf alle Fragen und Bedürfnisse der Kinder - das kann nur die Kita. Und vlt noch im Ansatz die Grosseltern, die auch ihren (kinderfreien) Feierabend haben...

Und jetzt stelle ich noch eine Frage in den Raum: Würden Paare sich in diesem Szenario eher für Kinder entscheiden oder weniger? Was meint Ihr?

2 comments:

Martina Takano said...

Eher weniger! Was ist das Leben, wenn man keine Zeit mit seinen Kindern verbringen kann?

Du beschreibst die Zukunft wie in einem Film aus den 80ziger Jahren. Kinder werden gezüchtet um vom Staat zu wertvollen gehorsamen Bürgern erzogen werden. Oh, wehe dem der einen Schokoriegel zuviel isst, der kriegt 10 % seiner Krankenversicherung abgezogen…. Ja, Frauen haben keine Zeit mehr zum kochen und deswegen gibt es überall fast food usw.. 100%ige Kontrolle, selbst auf Facebook oder google plus kann mann nicht mehr posten weil man vielleicht einmal was falsche geschrieben hat ….

Lorelai said...

Im Folgenden ein Kommentar einer lieben Mama, die aus finanziellen Gründen Vollzeit arbeiten muss, für ihren Sohn aber eine liebevolle und persönliche Betreuung direkt in der Nachbarschaft gefunden hat. Ihr Mann ist nur unregelmässig zuhause.
Ich respektiere sie sehr, da sie auch den gesamten Haushalt macht, für ihren Sohn das Essen für die Betreuung vorkocht und sich selber kaum etwas gönnt. Die wenige Freizeit, die ihr bleibt, ist sie ganz bei ihrem Kind und sie würde nichts lieber tun als jeden Tag mit ihm verbringen zu können...:

"Hier ist aber teilweise die Sowjetunionsystem beschrieben. Ich bin im diesem Land aufgewachsen und fast so, wie du es für 2023 vorstellt, war in USSR schon im 1977 (einige, die keine Ahnung haben, können nur sarkastisch lachen, egal...). Die Frauen hatten aber den Mutterschaftsurlaub 3 Jahre (mit Arbeitsplatzschutz!!!). Es wurde nur ein kleines Kindergeld bezahlt, dafür ewige Garantie, dass du jeder Zeit zu deinem Arbeitsplatz zurückkommen kannst. Die KITAs haben aber die Kinder bereits ab dem 6-ten Monat aufgenommen. KITAs und KG befanden sich immer in gleichem Gebäude, nur in verschiedenen Gruppen und Geschossen. Einige KITAs und KG hatten 24 St. Betreuung, gerade für die Eltern, die Schichtarbeit leisten müssen. Jeder KG hatte eigene Küche, Köche und Krankenschwester. Ich kann noch erinnern, dass die Impfungen direkt in KG gemacht wurden (grausam ;-)). Die Kinder müssten nicht zum Mittag nach Hause abgeholt werden, dann wieder für ein paar Stunden am Nachmittag in KG gebracht werden (das ist ja für die berufstätigen Eltern unvorstellbar). Natürlich, am Abend, als man mit Mama/Papa nach Hause kam, wurden keine Fertigmalzeiten aus dem Restaurant bestellt. Alles und immer haben die Eltern selber gekocht und das Geschmack vom diesem Essen vergisst man NIE im Leben, weil nur die Mama so wunderbar kochen kann und nur das Essen von Mama schmeckt am besten (das wissen die Kinder heutzutage nicht…). Die Frauen haben nicht so viel gejammert, hatten immer für alle Zeit, für Ihre Kinder und für Ihre Männer. Die Kinder haben Ihre Eltern mehr respektiert, mehr vermisst und mehr geliebt, finde ich. Die Zeit mit den Eltern war sehr geschätzt. Man sagt, dass wichtig und entscheidend ist ja nicht wie lange oder wie viel Zeit man mit dem Kind verbringt, sondern wie intensive… Ach ja, man hatte natürlich noch die Wochenende und die Ferien, dann waren die Mamas und Papas und Grosseltern nur für uns zu 100% da J. Na ja, was ich aber sagen will, dass alle gearbeitet haben und alle Kinder in Kindergarten und einige auch in die KITAs gehen müssten, man hat aber die Eltern keinerlei weniger geliebt, sogar viel viel mehr. Es spielt keine Rolle, ob Mama den ganzen Tag zu Hause mit ihren Kindern ist oder werden sie erst am Abend nach Hause abgeholt. Mama soll einfach nicht zu Hausmöbel für Ihre Kinder werden, die einfach 24 St. da ist, sondern ein Sonnenschein und ein Schutzengel für ihr Leben.

Was ich persönlich machen würde (wenn ich alleine entscheiden könnte) – mein Kind wird bis mind. 1.5 Jahre mit mir zu Hause bleiben."